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Der Blutfreitag in Weingarten

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Der Freitag nach Himmelfahrt ist ein Festtag in Oberschwaben, in der Stadt Weingarten. Seit 925 Jahre ist das Heilig-Blut in Weingarten und wird verehrt. Ab 1849 findet wieder regelmässig eine Reiterprozession statt. In Kriegszeiten wurde sie ausgesetzt.

Reihenfolge des Prozessionsrittes
Es nehmen cirka 100 Gruppen aus Oberschwaben an der Reiterprozession teil. Ab 5 Uhr versammeln sich die Gruppen im Klosterhof Weingarten. Um 7 Uhr ist die Übergabe der Heilig-Blut-Reliquie am Kirchenportal.

Bei der Prozessionsaufstellung ist je Blutreitergruppe meist vorneweg eine Musikkapelle, gefolgt vom Gruppenführer und den Standartenreitern. Nach einigen Blutreitermitgliedern folgt der Pfarrer umgeben von den Ministranten und Ministrantinnen und zum Schluss weitere Blutreitergruppenmitglieder. Der Pfarrer ist oft in der jeweiligen Gruppe in der Mitte. Er ist zudem mit einem Mikrofon ausgestattet, damit die Gruppenmitglieder auch einstimmig beten bzw. singen können. Bei einer großen Gruppe, die sich auf einige Meter Länge hintereinander erstreckt, ist es schwierig ohne Mikrofon den Einsatz des gemeinsamen Betens zu hören. Daher wird oft ein tragbares Mikrofon mitgeführt.

Übrigens die Musikgruppen fädeln in den Reiterzug am Anfang des Stadtgebietes ein und verlassen den Reiterzug am Ortsende. In den Fluren rund um Weingarten beten und singen die Reitergruppen.

Nachwuchssorgen?

Ja und Nein. Jahrelang wurde kommuniziert, dass es cirka 3.000 reitende Teilnehmer sind. Es sind nur männliche Reiter sowie Ministrantinnen und Ministranten sowie die Pfarrer, Paters und Bischöfe zam Prozessionsritt zugelassen. Die Reiter sind mit Zylinder, Frack, eigentlich ist es ein Gehrock, und dunkler Hose gekleidet. Jede Gruppe hat eine Schärpe, die von den Reitermitgliedern getragen wird.
Die Ministrantinnen und Ministranten sind in den typischen Gewändern zu Pferde oder begleiten zu Fuß den 13 Kilometer langen Prozessionsweg. Dieses Jahre haben etwas mehr als 2.000 Reiter und Reiterinnen (Ministrantinnen) teilgenommen. Frauen sind ebenfalls im Gehrock und Zylinder als Reiter gesichtet worden. Doch der Gruppenführer, der dies inoffiziell zulässt hat im schlimmstenfalls mit Ausschluss am Prozessionsritt zu rechnen, so die Aussage eines langjährigen Blutreiters.

Es sei eine Männerwallfahrt und Frauen seien nicht zugelassen. So die Tradition.
Meiner Meinung nach ist es so eine Sache mit der Tradition. Auch Traditionen passen sich der Zeit an. Die Teilnahme von Frauen ist eine moderne Anpassung an die Tradition. Vielleicht ist es die Angst, dass die Herren Helfer sein müssten. Die Frauen sind bisher als Helferinnen sehr oft im Hintergrund.

Andererseits reiten einige Kinder mit. Demografisch sind es allerdings weniger Jungen als ältere Herren irgendwann nicht mehr mitreiten können. Die Ministrantinnen sind zahlreich, doch auch sie werden irgendwann mal nicht mehr in dieser Funktion mitreiten können.
Dabei war es ein gutes Zeichen, auch Mädchen als Ministrantinnen zu zulassen.
Zur aktuellen Diskussion um die Priesterweihe für die Frau bleibt die katholische Kirche uneinsichtig verschlossen, so die Aussage von Kardinal Kaspar Anfang Juni 2019.
Allerdings könnten die Verantwortlichen für den Blutfreitag in Weingarten ein progressives Zeichen geben und die Frauen offiziell an der Reiterprozession teilnehmen lassen. Die Zeit wäre reif.

Eine Frau meinte, dass das nicht geht: „Wie sollen sich die Frauen dann kleiden? Meine Antwort, wo ist das Problem – einen Gehrock und einen Zylinder können auch Frauen tragen. Es ist eine Kleiderordnung, die festlich wirkt.
In der evangelischen Kirche hat das Gewand des Geistlichen, egal ob von Frau oder Mann getragen eine Bedeutung. Die Polizei hat eine einheitliche Kleiderordnung. Das wäre kein Kriterium, dass Frauen nicht mitreiten können.

Der Film „Die Blutreiter“ – eine Dokumentation von verschiedensten Motivationen der Teilnahme.
Wie erzählte der Abt in einem Film: Bei Führungen erlebt er immer wieder, dass Teilnehmer aus Deutschland es hinterfragen, ob es auch wahr ist, dass es das Blut von Jesus Christi in der Reliquie ist. Die italienischen Pilgerinnen und Pilger knien und die amerikanischen Besucher fragen nach dem Wert der Reliquie. Dieser Dokumentationsfilm „Die Blutreiter“ von Regisseur Douglas Wolfsperger wurde dieses Jahr 15 Jahre alt. Der Film führt auch heute noch zu heftigen Diskussionen. Defakto ist es eine Dokumentation von verschiedenen Menschen und ihre Motivation zur Teilnahme am Heilig-Blut-Ritt in Weingarten. So bunt, so erheiternd, so traurig wie die Schicksale bei den Menschen sein können.

 

Die Prozession endet im Volksfest.
Das ist so nicht korrekt. Der Blutritt hat nichts mit einem Volksfest zu tun, wie ein Stadtfest, dass es im Sommer in vielen oberschwäbischen Städten gibt. Es ist auch kein Spektakel wie in verschiedenen Tageszeitungen zu lesen ist. Es ist ein Prozessionsritt, eine Wallfahrt, die von über 20.000 Zuschauern plus Reitern begleitet wird. Es ist ein Fest, weil sich viele Menschen auf den Weg machen daran teilzunehmen und zu bekunden, dass christlicher Glauben für sie wichtig ist. Ein Fest, das sich im gemeinschaftlichen Gebet, im gemeinsamen Singen von kirchlichen Liedern, dem Treffen von verschiedenen Gruppen aus der Region dazu dient den christlichen Glauben darzustellen.

Am Ende des Prozessionsrittes reiten die Teilnehmer wieder zurück zu ihren Startpunkten. Viele Höfe, freigeräumte Fabrikgelände, auch ein Parkhaus in und um Weingarten bieten Start und Endpunkt für die Pferde mit ihren Reitern. Dort parken die Fahrzeuge mit Pferdeanhänger, da die Teilnehmer bis zu 100 Kilometer entfernt anreisen. Auch die Anreise mit der Kutsche und den Pferden gibt es noch. Wenige. Als es noch keine Fahrzeuge gab, sind die Prozessionsteilnehmer in einer Tagesreise an Himmelfahrt nach Weingarten angereist. Der Prozessionsritt endet an diesem Start- und Endpunkt in einer gemütlichen Runde. Es gibt eine Mahlzeit und ein gemütliches Zusammensitzen. Danach geht es wieder heim mit Pferd und Anhang.

 

„Mit so einem kirchlichen Kram, kann ich nichts anfangen“
Ebenfalls ein Satz, der immer wieder genannt wird zum Thema Blutfreitag. Doch es ist auch zu beobachten, dass Menschen, die sich auf dieses Fest in Weingarten am Freitag nach Himmelfahrt einlassen, beeindruckt sind. Eine Frau aus dem Norden von Baden-Württemberg sagte einmal: „Diese Ernsthaftigkeit der Menschen, wie sie an dieser Wallfahrt teilnehmen, ist beeindruckend. Da war ich nicht mal in der Basilika. Das Miteinander und das Gruppenerlebnis ist deutlich zu spüren, auch als Zuschauer.“
Kurzum die Festlichkeit und die Würde, die dieser Prozessionsritt mit sich führt, ist nachspürbar.

Erste Erwähnung des Blutrittes
In einer Erwähnung aus dem Jahr 1529 steht von einem Brauch „von alther“. Der Blutritt fand in Kriegszeiten nicht statt. Auch wurde die Wallfahrt einige Jahrzehnte verboten. Das Verbot wurde Jahre später wieder gelockert, für die zu Fuß gehenden Wallfahrtteilnehmer. Später durfte die berittene Bürgergarde teilnehmen und ab 1849 auch wieder reitende Privatpersonen. Die Reiter kamen in bürgerlichem Festanzug mit Frack und Zylinder. Diese Kleiderordnung hat sich bis heute so beibehalten.

Was ist die Heilig-Blut-Relique
Heilig Blut wird der Tropfen des Blutes Jesu, der vermischt mit der Erde von Golgatha in einer Relique aufbewahrt wird. Den Tropfen Blut hat ein Soldat an der Kreuzigung Jesu aufgefangen. Im Laufe der Jahrhunderte wurde dieses Gemisch aus Blut, dieses Überbleibsel eines Heiligen Gegenstandes, auch Reliquie genannt in eine Form gebracht, dass es transportierbar und vereehrbar bleibt. Diese Relique wurde von dem Soldaten in kirchliche Hände gegeben. Laut den Überlieferungen fragte Papst Leo III im Jahre 804 nach der Reliquie nach. Erst 1048 sei es wiedergefunden worden. Der Papst Leo IX teilte die Reliquie. Diese kam nach Umwegen ins Kloster nach Weingarten im Jahre 1094.

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