Es ist schon eine Weile her, dass fast 3000 Reitern an einer der größten Reiterprozessionen in Europa teilnahmen. Ob es in anderen Ländern auch weniger Teilnehmer werden, ist nicht bekannt. Dieses Jahr lag die Anzahl knapp unter 2000 Pferden, die mit ihren Reiterinnen und Reiter an dem mehrstündigen Prozessionsritt in Weingarten teilnahmen. Erfreulich war, dass sich dieses Jahr noch mehr Frauen entschlossen am Blutfreitag mitzureiten. Seit 2022 können auch Frauen an der Reiterprozession teilnehmen.
Immer wieder faszinierend ist es Menschen zu treffen, die das erste Mal diese oberschwäbischen christlichen Traditionstag besuchen. In der Stadt sind an diesem Tag überall Pferde mit ihren Reitern und Reiterinnen. Die Personen zu Pferde sind mit Gehrock und Zylinder bekleidet. Ministranten und Pfarrer ausgenommen. Jede Gruppe trägt ihre eigene Schärpe. Das festliche Zaumzeug an den Pferden und auch die vielen Arten und Größe von Pferden sind sehenswert. In den Gesichtern steht die Freude. Meist wird außerhalb der Stadt Weingarten gemeinsam zu Pferde gebetet und gesungen.
Und die Besucher sind angetan wie wichtig es den Wallfahrerinnen und Wallfahrern ist dabei zu sein.
Auffallend ist auch, dass nicht mehr in jeder Gruppe ein Pfarrer mitreitet. Die Pfarrer nahmen früher Reitstunden für die Vorbereitung auf den Prozessionsritt. Und die jeweilige Blutreitergruppe organisierte ein ruhiges erfahrenes Pferd für den Pfarrer. Heutzutage hat nicht mehr jede Gemeinde einen Pfarrer und die Teilnahme wird aus zeitlichen Gründen und auch mangels Pferd schwieriger.
Trotzdem fast 2000 Pferde. Zwischen dem Start der ersten Gruppe frühmorgens um 7 Uhr und dem Start der letzten Gruppe liegen fast drei Stunden. 96 Gruppen reiten den 10 Kilometer langen Rundweg vom Klosterinnenhof an der Basilika, durch die Innenstadt Weingartens, am Rande der Stadt vorbei an Wiesen und Obstbäumen über Baienfurt, dem Ort Trauben zurück in die Innenstadt von Weingarten.
In der Innenstadt fädeln sich zwischen fast jeder Gruppe eine Musikkapelle – meist aus dem Ort, in dem auch die Blutreitergruppe kommt, ein. So sind mittlerweile doppelt so viele Musikerinnen und Musiker dabei.
Vor allem in der Innenstadt sind die Wege gesäumt mit zahlreichen Zuschauern sowie den Angehörigen der Heilig-Blut-Reiter. 2000 Pferde sind angereist per Anhänger, oft schon am Tag zuvor. Viele Pferde sind auch nach Weingarten geritten worden. Es ist ein logistisches Großereignis.
Selbst die Tiefgarage in der Innenstadt ist an Christi Himmelfahrt und am Blutfreitag gesperrt. Dort übernachten Pferde und ihre ReiterInnen, um pünktlich in der früh in Weingarten zu sein und an der Messe in der Basilika teilnehmen zu können. Im Umland stellen viele Bauernhöfe ihre Scheunen den Pferden und Reitern zur Verfügung. Auch die Anhänger und Autos benötigen einen Stellplatz. Die Blutreitergruppen reisen vom Westallgäu bis aus Hohentengen, vom Bodensee bis nördlich aus Ulm-Söflingen nach Weingarten an.
Blutfreitag wird der Tag genannt, weil das Kloster Weingarten eine Heilig-Blut-Reliquie seit über 900 Jahren hat und verehrt. Die Heilig-Blut-Reliquie enthält der Legende nach das Blut von Jesus Christus. Die Reliquie war ursprünglich in Mantua, Italien und kam als Geschenk vor langer Zeit über das Adelsgeschlecht der Welfen nach Weingarten.
Wie jedes Jahr nimmt auch eine Reiterdelegation aus Mantua an der Prozession teil. 2023 war der kirchliche Ehrengast Bischof Dr. Michael Gerber aus Fulda in Weingarten dabei. Er hielt die Festpredigt in der Basilika. Auch Bischof Dr. Gebhard Fürst war wieder bei den Feierlichkeiten anwesend. Erstmals schaute Cem Özdemir, Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, der Prozession zu.