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Zufälle, die unglaublich sind

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Kennt ihr das? Es gibt so Erinnerungen an Schulkameraden, die einfach nicht vergessen werden. Ich hatte einen Schulkameraden, der sehr gut zeichnen konnte und einen sehr dunklen Humor. Und zum Frühstücken schaute er sich gerne Horrorfilme an. Wir bildeten eine Fahrgemeinschaft um an die Schule zu fahren. Er war 26 Jahre alt und hatte schon zehn Jahre gearbeitet. Und zum Frühstück schaute er Horrorfilme. Alles etwas ungewöhnlich, fanden wir damals. Doch er hatte das Herz am richtigen Fleck. Seine Liebe zum Kino, zum Film, zu Cartoons konnte anstecken. Seine Zeichnungen fand ich sehr gut.

„Jetzt lass doch mal ein anderes Lied laufen“, erinnere ich mich noch, dass dies aus unserer Fahrgemeinschaft öfters gesagt wurde. Der Musiktitel lief oft, auch oft hintereinander. Diese Begebenheit hat sich fester ins Gehirn geprägt als jede Mitternachtsformel und Sonstigem, was in dem Schuljahr wichtig war.  So ist es auch heute, nach zig Jahren so, dass jedes Mal wenn dieses Lied im Radio kommt ich auch an diese gemeinsame Fahrten denken muss. Seine Stimme, sein Lachen, es war sein gehörte zu ihm.

Das ist es übrigens, dieser Ohrwurm: The Look of Love von ABC …

Folglich hat es funktioniert die ganzen mittlerweile fast dreißig Jahre. Das Lied kommt und ich verbinde es mit ihm. Er ging nach unserem Abschluss nach Berlin-Babelsberg zum Studieren. Ich hatte all die Jahre, wenn das Lied mal wieder im Radio auftauchte, die Muße nach ihm zu recherchieren. In Zeiten des Internets gibt es ja irgendwann Spuren. Vor zwanzig Jahren wurde über das Telefonbuch gesucht. Bei ihm war es schwierig, weil er schon zur Schulzeit unter verschiedenen Künstlernamen arbeitete und diese auch fröhlich wechselte. Sein Geburtsname gab es zig Mal in Deutschland. Als ich einmal eine Karrikatur vor auch bald zwanzig Jahren in einer Zeitschrift wieder unter Pseudonym sah, rief ich in der Redaktion an, wer die Person hinter diesem Pseudonym ist. Doch er war es nicht.

Vor einigen Jahren, die Biberacher Filmfestspiele waren gerade beendet,  recherchierte ich nach einem anderen Namen und kam per Zufall auf seine Firma, weil er hier seinen Geburtsnamen angab. Ich schrieb ihm über ein Business-Netzwerk. Das Profil wirkte unbenützt, doch vielleicht reagiert er hoffte ich. Es kam nichts.  Er lebte nach dieser Adresse sogar im Ausland. Eine Bekannte wohnte nur 50 Kilometer weg und ich bat sie, dort mal vorbeizuschauen. Doch die Adresse stimmte nicht mehr. Ich ging davon aus, dass er vielleicht verstorben ist.

Nun gut. Wieder vergingen einige Jahre. Im Februar dieses Jahr wurde ein Referent für einen Workshop an dieser unserer ehemaligen Schule gesucht. Die Anfrage blieb lange offen. Es meldete sich niemand dafür. Am letzten Reaktionstag, bevor diese Veranstaltung mangels Referenten hätte abgesagt werden müssen, meldete ich mich. „Ich mach es“, dachte ich mir. „Ist zwar nicht um die Ecke, doch wer weiß zu was es gut ist. Eine Erfahrung ist es wert“, so mein Credo und ich meldte mich und sagte zu für diesen Workshop.

Am Montag sagte ich zu. Am nächsten Tag, am Dienstag Abend, wie aus dem Nichts, meldete sich genau dieser gesuchte Schulkamerad. Meine erste Reaktion: Das kannst Du doch nicht wissen, dass ich gestern zugesagt habe. Zugesagt, dass ich Ende März an unserer gemeinsamen Schule eine Workshop gebe? „Das eine hat doch mit dem anderen nichts zu tun“, dachte ich. Verrückt. Magic.

Er war am Löschen seiner Online-Profile und dachte er könnte mich was zum Thema Kunst fragen, so seine Reaktion. Wir schrieben uns auf einem anderen Online-Profil, unter einem seiner Künstlernamen. Er war es wirklich. Derselbe Humor, dieselbe Art zu hinterfragen. Als ich die Liste seiner geschriebenen Buchtitel las, kein Zweifel – er war es.

Wochen später, mittlerweile war ich an unserer Schule, hielt den Workshop. Ich glaube sogar das Klassenzimmer wiedererkannt zu haben. Gebäude und die Anordnung der Klassenräume bleiben auch über Jahre konstant. Änderung gab es in der Ausstattung, neue Technik, Möbeln, die Tafel könnte noch von damals sein. Ehemalige Lehrer sind mir keine mehr aufgefallen. Ist ja alles schon ziemlich lange her. Und es war ein hier und jetzt und Retro-Gedanken hatten kaum Raum während des Aufenthaltes an der Schule.

Allerdings – beim Heimfahren, den Parkplatz des Schulgeländes verlassend, an der nächsten Ampel wartend – da kam wieder dieses Lied. Ich hatte es bestimmt schon einige Monate lange nicht mehr im Radio gehört und ich suche es nicht. Es ist ein Song, der mich immer an ihn erinnern wird. Die Ampel wurde grün, ich fuhr weiter und stoppte an der nächsten Möglichkeit, um das Lied zu Ende zu hören. Unglaublich dachte ich, welch ein Zufall, dass es genau jetzt in dem Moment im Radio kam. Soviele Lieder werden täglich im Radio gesandt, manche werden sogar sehr oft am Tag gesendet. Dieser Klassiker eher alle paar Monate.

Geschichten, die das Leben schreibt, die zufällig passieren oder ist es ein Wink, ein Lächeln, das mir gesandt wurde. Ich denk dann immer mit einem Schmunzeln im Gesicht: „Lieber Gott, was willst Du mir gerade sagen?“.
Das Leben kann so schön sein.

Mögen auch Dir solch schöne Erlebnisse passieren.

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