Auf den Biberacher Filmfestspielen werden Fernsehfilme, Spielfilme, Dokumentarfilme und Kurzfilme gezeigt. Die Filme sind Neuproduktionen und werden meist sogar das erste Mal in Biberach uraufgeführt. Junge Filmemacher erhalten in Biberach ihre Premiere und erleben live die Reaktionen des Publikums. Kurzfilme sind mittlerweile sehr beliebt. Die Geschichte eines Kurzfilmes kann so dicht und intensiv sein, wie ein mehrstündiges Kinoerlebnis. Bedauerlicherweise sind die Kurzfilme meist nur auf Filmfestivals zu sehen.
Drei Kurzfilmblöcke werden auf den Biberach Filmfestspielen. Ein Block kann aus fünf bis sechs Einzelfilmen bestehen. Dazwischen kann das Publikum Fragen an den anwesenden Regisseur und an die Schauspieler stellen.
Kurzfilm: Der Ausflug
Handlung:
Als Lehrer arbeitet Martin an einem Gymnasium. Mit seinem Sohn Basti ist er im Dauerstreit. Als der Mitschüler Tom aus der Klasse von Basti Amok läuft und die Schüler erschießt, stellt sich Martin dem Amokläufer in den Weg. Tom nimmt ihn als Geisel. Im Fluchtwagen kommt es zu einem Gespräch.
Kommentar:
Der Kurzfilm dauert 24 Minuten. Anspannung pur. Der Schluss, der hilft in die Zukunft zu blicken. Der Regisseur Stefan Najib hat einfühlsam einen Kurzfilm gedreht, der das Thema anpackt und am Ende einen Weg zeigt, wie Personen, die das erlebt haben, damit zurecht kommen können.
Eindrucksvoll spielte der Jungschauspieler Dennis Mojen die Rolle des Tom. Dominic Raacke spielte Martin. Der bekannte Schauspieler (ehemaliger Berliner Tatort-Kommissar) erhielt das Drehbuch von Stefan Najib zugesandt und sagte zu. Es ist der Abschlussfilm von Stefan Najib, der an der Hochschule für Medien in Stuttgart studierte.
Im Publikumsgespräch wird der Regisseur Stefan Najib gefragt, ob es überhaupt sinnvoll ist, das Thema eines Amoklaufes immer wieder zu zeigen. Es würde Nachahmer provozieren. Najib antwortete, dass er mit Eltern und Überlebenden gesprochen habe, mit dem Aktionsbündnis Amoklauf Winnenden kooperiert und es wurde ihm bestätigt, dass dieser Kurzfilm wichtig ist um in Schulen zu zeigen und darüber zu sprechen.
Webseite: Der Ausflug
Kurzfilm: Prinzip Mensch
Handlung:
Der Sohn besucht seinen Vater im Pflegeheim. Sie unterhalten sich im herbstlichen Park. Im Gespräch fragt der Sohn nach einem entdeckten Foto, welches er in einer Kiste fand. Es zeigt den Vater während dem 2. Weltkrieg. Die Enkelin stochert währenddessen in einem Ameisenhaufen.
Kommentar:
„Prinzip Mensch“ gibt Diskussionsstoff. Wie gehen Kinder damit um, wenn sie mit der Vergangenheit der Eltern konfrontiert werden und sich eine Erklärung des Elternteils wünschen. Die Ameisen sind eine Parabel.
Kurzfilm: Geschützter Raum
Handlung:
Der dunkelhäutige Flüchtling Patrick und das Berliner Mädchen Sara engagieren sich innerhalb einer Gruppe für die Rechte von Flüchtlingen. Als die Annäherung zu eine nichtgewollte sexuelle Handlung führt, ist die Gruppe gezwungen über rassistische, sexuelle Ideale und über ihre Ziele zu diskutieren.
Kommentar:
Der Film ist nur 13 Minuten lang. Doch es sind viele Aussagen eingefangen, die die Konstellation der Gruppe aufzeigt und wie diese Annäherung zu einer ungewollt politischen Diskussion wird.
Kurzfilm: Renate
Handlung:
Renate zelebriert mit ihren Freunden ein Kaffeekränzchen. Doch die feine Gesellschaft sitzt im Aufenthaltsraumes eines Seniorenheims. Renate ist dement, möchte nach Hause. Der Pfleger kann sie beruhigen, weil sie ihn mit ihrem Sohn verwechselt.
Kommentar:
Ein schwarzweiß gehaltener zwölfminütiger Film, der die Situation von dementen Angehörigen aufgreift und wirklichkeitsnah darstellt. Renate wird von Christine Ostermayer gespielt.
Es ist ein Filmprojekt, dass Lukas Baier innerhalb seines Studiums an der Hochschule für Film in München erstellt. In der Publikumsdiskussion wurde ein Detailszene, als Renate ihre goldene Halskette verschenkt, als zu kitschig dargestellt. Meiner Meinung liegt hier die nächste Geschichte, wie mit Demenz umgegangen wird. Und Lukas Baier wählte intuitiv den Filmnamen Renate. Er erfuhr im Publikumsgespräch, dass die Bedeutung von Renate „die Erleuchtete“ heißt.
Kurzfilm: HEADS UP – Spiel der Religionen
Handlung:
Heads up ist ein Begriff aus dem Pokerspiel. Vier Spieler sitzen am Tisch, spielen mit Jetons. Doch das Gesagte verrät Vorurteile und Emotionen untereinander. Dock kann es überhaupt Sieger geben oder ist es ein überflüssiger Kampf, weil der Gewinner schon feststeht.
Kommentar:
Regisseur Philipp Grosser wollte, als er den Film drehte, nicht den Untertitel Spiel der Religionen verwenden. Doch bei acht Minuten ist die Zeit zu kurz, ob der Zuschauer anhand der Kommentare der Spieler erkennt, dass es nicht nur um Jetons, um ein Pokerspiel geht. Deshalb ging er den Kompromiss ein, den Untertitel zu nennen. Trotzdem, das Gesagte der Spieler untereinander ist den Religionen zuordenbar und lässt nachdenken.
Webseite: Vorbereitungen zum Filmdreh
Kurzfilm: „Die Brunnenfrau“
Handlung:
Eine Entwicklungshelferin will hochmotiviert nach in Afghanistan an einem Brunnenprojekt mitarbeiten. Der Brunnen soll gebaute werden. Ein Vorzeigeprojekt. Doch die Dorfbewohner sind feindselig. Als sie die „Verhinderer“ entdeckt wird ihr bewusst, dass ihre westliche Vorstellung von dem was gut für den Menschen ist, in einem anderen Kulturkreis völlig anders gesehen wird.
Kommentar:
Der Film von Julia Finkernagel ist 16 Minuten lang. Die hochmotivierte Entwicklungshelferin wird von Anja Thiemann gespielt. Der dort schon lange lebende Entwicklungshelfer wird von Jochen Nickel gespielt. Im Publikumsgespräch erzählt die Regisseurin, wie sie verschiedene Entwicklungshelfer kontaktierte und mit ihnen in engem Kontakt steht. Ihr wurde bestätigt, dass der Film dieses Spannungsfeld in der Entwicklungshilfe verdeutlicht. Es gibt das Zitat eines deutschen Entwicklungsministers: „Wir müssen jetzt Strom verlegen, wir können uns nicht um Frauenrechte kümmern“.
Webseite: Die Brunnenfrau
Der Trailer