Am 1. November wird in vielen Regionen Allerheiligen gefeiert. Auch im katholisch geprägten Oberschwaben. Da es ein Feiertag ist, gehen viele Angehörige auf den Friedhof ans Grab von verstorbenen Angehörigen, Freunden oder Menschen, die wichtige Wegbegleiter waren. Es ist ein Ritual, eine Tradition. Eine Regel, die viele noch einhalten. Und das ist gut so. Denn die Menschen brauchen Rituale, es gibt vielen Halt und diejenigen die Regeln nicht einhalten wollen, folgen anderen Regeln, die genauso hinterfragt und möglicher Weise kritisch beäugt werden können.
Am 1. November auf den Friedhof zu gehen, ist kein einsamer Pflichtgang. Viele Menschen befolgen diese Regel und somit treffen sie sich auf dem Friedhof und kommen ins Gespräch.
Dort habe ich auch das Wort „Gräbertourismus“ gehört. Ein neues Wort? Jedenfalls kann darüber nachgedacht werden, wenn zu einer Gelegenheit ganz viele Personen zum Gedenken der Verstorbenen anreisen. Der Friedhof als Ausflugsziel? Zeitgemäß?
Schon so lange her? – ein ausgesprochener Satz in verwundertem Tonfall. Weitere ausgesprochene Gedanken folgen: „Ich hab sie noch so gut in Erinnerung. Das ist schon 7 Jahre her? – Ich höre sie noch sprechen“. Gedenken, Erinnerungen an Menschen. Es passiert beim Gang über den Gedenkort Friedhof doch einiges.
Mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit fällt auf, wenn ein Grab ungepflegt ist. „Da kümmert sich niemand mehr darum“, sagte eine Mann. Doch stimmt das? Das anonyme Urnenfeld hat ebenfalls seinen Platz auf dem Friedhofsgelände. Keine Namen, keine Daten. Ruheort. Wer weiß, wer vielleicht genau sich an diese Person erinnert und gar nicht weiß, dass sie hier unter der Erde liegt, bei den anonymen Gräbern.
Allerheiligen am 1. November ist Gedenktag aller Heiligen. Tags drauf, am 2. November wird Allerseelen gefeiert. An Allerseelen begeht die römisch-katholische Kirche das Gedächtnis ihrer Verstorbenen. Zu der Verschmelzung kam es, weil der 1. November ein Feiertag ist. Aller Seelen kann also an einem freien Arbeitstag gedacht werden.
Gräbertourismus. Ein ungewöhnliches Wort. Ein distanziertes Wort. Doch es sprach ein junger Mann aus. Junger Mann, was ist das? Über 30 Jahre alt? Nun ja – er erzählte, dass er gerade eine Chemo macht, den Hodenkrebs besiegend. Da ist er wieder, der stille Mitbewohner im Körper, den keiner eingeladen hat und keiner haben will. Der Krebs. Egal in welcher Form, er zwingt die Menschen zu einem Nachdenken über den Sinn des Lebens.
Gräbertourismus bekommt aus seinem Mund somit eine ganz andere Aussagekraft.
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Danke für dieses zufällige Treffen.