Die Rede ist von Carl Laemmle, der im oberschwäbischen Laupheim 1867 geboren wurde, in die USA auswanderte und Hollywood gründete. Er war seiner Zeit ein internationaler erfolgreicher Kinoproduzenten, heute würde man sagen ein „Global Player“. Er gewann dreimal den Oscar. Seine Heimatstadt unterstützte er in der Wirtschaftskrise mit Spenden. Schon 1933 begann er Affidavits (Bürgschaften) für jüdische Deutsche auszustellen. Laemmle starb am 24. September 1939 an einem Herzinfarkt. Am 17. Januar 2017 wäre sein 150ster Geburtstag gewesen. Das Haus der Geschichte Baden-Württemberg widmet ihm die bisher weltweit umfangreichste Ausstellung seines Lebenswerkes.
Carl Laemmle bestieg Ende Januar 1884 als 17jähriger den Dampfer „Neckar“. Das kleine unkomfortable Auswandererschiff startete in Bremerhaven und schipperte zwei Wochen über den Atlantik nach New York. Einzig mit einer kaufmännischen Ausbildung im Gepäck versuchte er mit schlecht bezahlten Jobs zu überleben. Es dauerte weitere 22 Jahre bis er eine Änderung seiner Karriere wagte. Er plante seine Selbständigkeit. In Chicago besuchte er eher zufällig ein Nickelodeon. In diesen damaligen Kinos liefen Kurzfilme, die für einen Nickel (fünf amerikanische Cent) gezeigt wurden. Laemmle war begeistert und wenige Tage später kaufte er sich ein Nickelodeon. Das Geschäft lief gut und er kaufte nach zwei Monaten das Nächste.
Laemmle hatte ein gutes Gespür für die Sehnsüchte der Menschen. Drei Jahre später (1909) produzierte er seinen ersten Kurzfilm. Mit der prominenten Besetzung dieses Filmes „Hiawatha“ erschuf er den noch heute für Hollywood typischen Starkult. Er selbst liebte Indianer-Filme.
Weitere fünf Jahre später – es gab schon bekannte Filmfabriken in Kalifornien – kaufte er sich eine Hühnerfarm. Daraus entwickelte sich eine Film-Studio-Stadt, die er im März 1915 glanzvoll als Universal City eröffnete. Detailgetreu wurden auf diesem Gelände alle Arten von Kulissen für die Filme hergestellt. Nachgebaut wurde alles, ob es eine große Wild-West-Stadt, die ägyptischen Pyramiden, ein deutsches Dorf oder das Areal in Monte Carlo mit seinem Palastgebäude, dem Casino und dem Hotel. Nichts schien unmöglich. Der Kaviar oder der Champagner allerdings mussten beim Filmdreh echt verzehrt werden. Sein Motto: „It can be done“. Die Filmstadt wurde zum Symbol der unbegrenzten Möglichkeiten. Zwei Elektrizitätswerke, ein Krankenhaus, eine Schule sogar ein Zoo wurden für die Angestellten gebaut.
Ungewöhnlich war auch, dass Frauen bei Universal gefördert wurden. Zwischen 1912 und 1919 waren elf Regisseurinnen für mehr als 170 Filme verantwortlich. Im Jahre 1921 gründete er in Deutschland die Deutsche Universal Film AG. Es war der Grundstein um mit deutschen Schauspielern und Regisseuren Filme zu produzieren.
Die Filme entstanden wie im Fließband. Laemmle galt als größter Filmverleiher und Filmproduzent. Rund um den Globus hatte er mittlerweile 120 Niederlassungen aufgebaut.
Julian Laemmle wurde von seinem Vater anlässlich seines 21. Geburtstages am 28. April 1929 zum General Manager von Universal ernannt. Papa Carl Laemmle war kein Fan von Horrorfilmen. Sein Sohn Julian, der sich später selbst Carl Laemmle Junior nannte war im Gegensatz dazu davon sehr überzeugt. Unter seiner Verantwortung entstanden Filmklassiker wie Dracula und Frankenstein. Die Universal Studios wurden zur Geburtsstätte des Horrorfilmes. Börsenkrach und der Nationalsozialismus zeugten Ängste und Ungewissheiten in dieser Epoche. Die Horrorfilme entführten die Zuschauer in das furchteinflössende Reich des Unbekannten, der künstlich geschaffenen Kreaturen, der blutsaugenden Vampire und der Untoten.
Seine Geburtstage feierte Lämmle sehr glanzvoll mit vielen Prominenten. Seine Geburtstagstorte ward so schwer, soviel Jahre er feierte. So sind die bekannten Schauspieler aus „Dick und Doof“ ebenfalls auf seinem 66. Geburtstag (1933) anwesend. Diese Geburtstagsfotos gelten als Dokumentation des Who is Who der Filmgeschichte.
Laemmle engagierte sich gegen die Nationalsozialisten. Nach der Reichspogromnacht verstärkten sich die Proteste gegen NS-Deutschland. Sein Film „Im Westen nichts Neues“ aus dem Jahre 1930 gilt als sein größter künstlerischer Erfolg. Dieser Antikriegsfilm machte ihn gleichzeitig zum Hassobjekt der NSDAP. Lämmle stellte Bürgschaften (Affidavits) an jüdische Deutsche aus. Anfangs waren es Verwandte und Freunde, dann auch völlig fremde Personen. Mit einer Bürgschaft garantierte er, dass er die Person notfalls mit seinem Privatvermögen in den USA unterstützen würde. Wie viele Menschen er damit rettete ist noch unklar, denn als er keine Bürgschaften mehr ausstellen durfte, versuchte er auch andere davon zu überzeugen dieses Papier auszustellen.
Im März 1936 kündigte Laemmle seinen Rücktritt aus Universel City an, davor hatte er noch einen neuen Star „John Wayne“ unter Vertrag genommen.
Lämmles letzter Film war „Die weiße Krankheit“ von Hugo Haas. Die Science-Fiction Geschichte war eine Warnung vor Hitler. Die Premiere erlebte Laemmle nicht mehr. Fünf Monate nach seinem Tod am 3. Februar 1940 wurde der Film in New York uraufgeführt.
In der Ausstellung sind viele originale Dokumente wie Notizbücher, Briefe, Schriftverkehr, private Fotos und Filmplakate zu sehen. Es werden Filmausschnitte gezeigt, filmhistorische Zusammenhänge und Besonderheiten benannt. So wird im Film „Foolish Wives“ (1922) erstmalig im amerikanischen Film sehr offen mit Erotik umgegangen. Neben der Ausstellung gibt es ein umfangreiches Begleitprogramm wie die Laemmles Geburtstagswoche oder die Themenwochen für Schulklassen.
Zur Ausstellung wurde ein Katalog veröffentlicht unter ISBN 978-3-3 933726-52-0
Beispiel für einen Schülerworkshop:
„Im Westen nichts Neues – ein amerikanischer Antikriegsfilm in der Weimarer Republik“
Im Workshop lernen die Jugendlichen den Film und die Rezeptionsgeschichte kennen. Einen Tag nach der Premiere der deutschen Fassung 1930 kam es zu Krawallen in Berlin. Es kam zur Zensur. Der Film wurde 1931 in Deutschland verboten.
Die Ausstellung endete 2017.