Im Alten Schloss in Stuttgart widmet sich bis Ende April 2017 eine Ausstellung dem Thema Kunst und Kultur in Schwaben.
Diese Sonderausstellung ist natürlich auch empfehlenswert für den Oberschwaben und die Oberschwäbin. Nett startet mein Besuch schon am Empfang, als ich die Postleitzahl angab und mit dem Satz begrüßt wurde: „Oh, sie kommen sogar von Bayern“. Ich atmete tief ein, blieb ernst, schaute nach den hinter mir Wartenden und sagte kurz: „Nein – es ist Oberschwaben und liegt in Baden-Württemberg“.
Ja – auch nach über 25 Jahren ist es in Baden-Württemberg noch nicht überall durchgesickert, dass Orte mit 8er-Postleitzahl nicht automatisch in Bayern liegen.
Im ersten Ausstellungsraum besingt mich das Duo Äffle und Pferdle mit dem Bananenblues an. Dann folgen Filmausschnitte mit Herrn Binzle, Herrn Pfleiderer und Herrn Häberle. Breit schwäbisch schwätzend, so dass ich mit besorgtem Blick auf die Italiener schaute, die neben mir stehen. Wie sich das wohl für Nichtmuttersprachler anhört, fragte ich mich. Jedenfalls auch auf meinem Audioguide wurde schwäbisch erklärt und ich verstand es. Denn Schwäbisch isch nicht gleich Schwäbisch.
Der Blick geht auf die Exponate. Im ersten Schaukasten stehen die „Sieben Schwaben“ als Tonfiguren. Hergestellt wurden diese Figürchen von Anton Sohn, der 1769 in Kümmerazhofen bei Bad Waldsee geboren wurde. Er wurde auch bekannt für seine zeitkritischen Karikaturen.
Neu war für mich, dass unser Beistelltisch zu Hause nach dem Sgabillo (Ulmer Hocker) von Max Bill aus Ulm nachempfunden wurde. Und zum Thema „Häuslebauer“ folgte das Statement: „Die Schwaben sind weltoffen und weit gereist, aber auch verdruckt und hocken am liebsten im eigenen Häusle“ – doch dazu später noch ein Hinweis. Imposant ist der wohl höchste Kirchturm in Schwaben, ja sogar der Welt – das Ulmer Münster. Und so steht ein Modell aus Lego imposant in der Ausstellung. Auch die Nachbildung des Hubschrauberflugfahrrades von Gustav Messmer kann genau angeschaut werden.
In der Auswahl der bekannten Persönlichkeiten aus Schwaben stand schon Bärbel Stolz dabei. Neben mir standen Ü70 Besucher, die meinten „dr Name sagt mer nix“. Auch als Prenzlschwäbin war sie für die drei Besucher vollkommen unbekannt. Das Internet isch halt auch noch nicht ganz erforscht. Übrigens der Ferdinand Porsche isch koi Schwob, dafür Claus Kleber.
Gelernt habe ich, dass die Bezeichnung Sueben auf eine germanische Stammesgruppe zurückzuführen ist. Und aus dem Wort „Sueben“ hat sich der spätere Stammesname „Schwaben“ abgeleitet. Geschichtlich werden die Zusammenhänge einfach erklärt. Der Sprecher war mir irgendwie vertraut. Später mehr.
Das Sprichwort aus dem 15. Jahrhundert musste ich 2mal lesen: „Hier stehen wir Helden, sagte der Frosch zum Schwaben“. Anmutig war die Heilige Maria Magdalena aus dem Kloster Heiligkreuztal bei Riedlingen. Der Bildhauer Hans Multscher war berühmt für seine sehr detailgetreuen naturalistischen Gesichter und seine üppig fallende Gewänder.
Historisch betrachtet gab es in Schwaben, dazu gehörte auch Konstanz, Ulm und Augsburg immer wieder verschiedene politische, kulturelle als auch künstlerische Zentren in den jeweiligen Epochen. Ob es um Themen wie Astronomie, Gold- und Schmiedekunst, Kirchenmalerei, Bildhauer und Erfindergeist drehte – es waren viele gscheite Köpfle im Ländle unterwegs. Allerdings sei auch erwähnt, dass von den Literaten wie Schiller, Hegel, Uhland, Hauff und Mörike der Hang zu einer romantischen Verklärung immer mitschwingte.
Übrigens ist auch das Triptychon von Biberach ausgestellt. Es zeigt drei verschiedene bemalte Wandtafeln. Auf einem der Tafeln sät ein Bauer auf dem Acker ohne maschinelle Hilfsmittel. Die mittlere Tafel zeigt den Blick auf die Reichsstadt Biberach. Der Maler Adolf Hildenbrand malte diese drei Bilder für die Sparkasse Biberach im Jahre 1938. Es zeigt eine Stadt ohne Autos, Fabrikgebäuden, Elektroleitungen und Eisenbahn, obwohl es diese gab. Für Hitler galt Oberschwaben als das idealistische Bild für die schwäbische Tugendhaftigkeit. Sogar das „Urtum des Deutschen“ wurde in Porträts von Bauern hinein interpretiert.
In einem weiteren Bereich der Ausstellung ist ein Sprachlabor eingerichtet. Dort kann die verschiedenen Bedeutungen, Betonungen von Begriffen gehört und gelesen werden. Es ist Martin Luther (1483 bis 1546) zu verdanken, auch der entstehenden Buchdruckskunst, dass sich ein Hochdeutsch als Schriftsprache entwickeln konnte.
Ein weiterer Aspekt in der Ausstellung gilt den Schwabenklischees. So wurden zwar die ersten Bausparkassen in Schwaben gegründet, doch die meisten Häuslesbesitzer sind im Saarland und in Rheinland-Pfalz. Erst an dritter Stelle folgt Baden-Württemberg.
Und zum Thema „Schwäbische Spätzle“ hatte ich noch nie unterschieden zwischen einem Spätzleschwob, einem Spätzlewunder oder was ein Spätzleshaker ist. Diese Hilfsmittel können sogar im Museumsshop gekauft werden.
Am Ende des Ausstellungsrundgangs verabschiedet der Audioguideführer mit dem Hinweis sich auch ins Gästebuch einzutragen. Und der Schwätzer war kein geringerer als Dodokay alias Dominik Kuhn. Hatte ich es doch geahnt. Nett wars in der Ausstellung. Ach – das sei noch erwähnt: Karl und Renate aus Biberach schrieben ins Gästebuch: „Oberschwaben isch s’kurz komma“.
Mit Kindern geht man auch ins Kindermuseum. Es ist eine Mitmachausstellung mit dem Titel die 7 Superschwaben. Die schaue ich mir beim nächsten Mal an.
https://www.landesmuseum-stuttgart.de/besucherinformation/
Ort: Altes Schloss, Schillerplatz 6, 70173 Stuttgart