Schon der Name wirkt. Und es ist Programm. Kunstradfahren ist eine Radsport, der mit viel Ästhetik und Körperbeherrschung ausgeübt wird. Die speziellen Räder sind für Hallen handgefertigt worden. Die Reifen haben eine sichere Bodenhaftung. Eine starre Übersetzung ermöglicht schnelles Anfahren und Bremsen und ein Rückwärtsfahren. Die Sportler turnen auf und mit dem Fahrrad.
Biberach an der Riss ist beliebt für Meisterschaften, da die Kreisstadt große Hallen hat um solche bundesweiten Wettkämpfe austragen zu können. Bundesweit heißt, die Besten treffen sich und qualifizieren sich für die Europameisterschaften. Die dritten Junioren Masters der Kunstradfahrer wurden in der Paul-Heckmann-Kreissporthalle in Biberach vom Rad- und Sportverein Bad Schussenried ausgerichtet. Und es wurde ein neuer deutscher Rekord gefahren mit 201,60 Punkten. Der bisherige stand bei 201,48 Punkten. Doch dies wird noch von offiziellen Stellen geprüft. Informell war man sich sicher, dass die Bedingungen gepasst haben und die Formalitäten eingehalten wurden. Das offizielle Ergebnis steht noch aus.
Grazil und akrobatisch wirken die Radfahrerinnen und -fahrer. Die Mädchen sind in der Mehrzahl bei dieser Sportart. Mit ihren Armen und einer ausgeprägten Schultermuskulatur muss das Gleichgewicht auf dem Fahrrad gehalten werden. Das Rad ist immer in Bewegung. Auf dem aufgezeichneten Kreis auf dem Boden wird die Kür gefahren. Während dem Fahren zeigen die Sportler Handstand, Waage und weitere schwierige Übungen. Ein Rad wird nach oben gezogen und gehalten, so dass nur auf einem Reifen gefahren wird. Handstand auf dem Lenker, das Rad dreht weiter seine Runde. Der Kunstfahrer steht auf dem Lenker und dreht während der Fahrt um 180 Grad den Lenker. Der Zuschauer ist gebannt und es fehlen die Worte. Übrigens werden die Übungen mit ruhiger musikalischer Musik begleitet.
Überhaupt – es ist sehr still in der Halle. Nur das Klicken der wenigen Kameras ist zu hören. Oder die Laute, die eines der Mädchen als Signal an das Team nennt, welche Figur folgt. Der Sport wird Einzeln, im Doppel oder als Vierer-Gruppe gezeigt. Als Julius Bitter, der bisher schon für das C-Kader 2015 qualifiziert hat, kurz absteigen musste, war Millisekunden vorher wie mit einer Stimme im Publikum zu hören: „Reiß höher“. Das war magisch, wie das Publikum mitfühlte und genau wusste, welcher Zentimeter gerade fehlte, damit er nicht absteigt. Magisch auch deshalb, weil es ein berührendes mitfühlendes wertschätzendes Zurufen war.
Und es gab Beifall, auch wenn etwas nicht klappte. Das Können der Kunstradfahrer ist auch für Laien sichtbar hoch. Einige der Sportlerinnen und Sportler haben sich für die Europameisterschaft weiterqualifiziert. Eine klare Empfehlung mal zuzuschauen. „Besser als Fernsehen“, sagte eine Mutter, die den Fahrdienst für eine teilnehmende Mädchengruppe aus Fürth übernommen hat. Wie Recht sie hatte. Ein sehr faszinierender Sport.