Ist es paradox?
Ein loderndes Feuer wird aus einem hohlen Baum gesägt. Flammen, die aus totem Holz geschnitzt sind.
Pit Hülsmann hat ein Gespür für Gegensätzliches als auch für daraus Folgendes.
Schon als junger Mann hat er gerne mit Holz gearbeitet und kleinere Figuren geschnitzt. Studiert hatte er Metallurgie. Er weiß um die vielen Arten der Metalle, ihre Herstellung, wie diese verarbeitet werden und wie Qualität gemessen wird. Technisch. Millimetergenau. Sein Beruf führte den gebürtigen Westfalen vor über 40 Jahren nach Oberschwaben. Und nun im Ruhestand – oder eher Unruhestand – widmet er sich dem Material Holz. Mittlerweile auch in größeren Dimensionen. Technisch greift er nach verschiedenen Motorsägen. Da ruht die zwölf Kilogramm schwere Kettensäge neben der kleineren wendigen Carvingsäge in seiner Werkstatt. Zum letzten Feinschliff wählt er das Schmirgelpapier.
Seine Arbeiten sind je nach Holzart sehr schwer. Er arbeitet mit verschiedenen Holzsorten. Sein Faible gilt den Wörtern, dem Wortspiel. Der Arbeitstitel seiner Werkserie heißt „Worte zwischen Baum und Borke“. „Zwischen Baum und Borke entsteht neues Holz. Es fließen die Lebenssäfte. Hier werden die Jahresringe gebildet“, erklärt Hülsmann.
Er schnitzt die Buchstaben ins Holz, verleiht ihnen Tiefe, einen 3D-Effekt. Seine Arbeiten können von allen Seiten angeschaut werden. Er gibt zwei- drei- oder auch vierseitige verschiedene Ansichten des Holzobjektes. Dreht man das Objekt um 180 Grad, ist nicht erwartungsgemäß das Spiegelbild des vorderen Wortes zu sehen, sondern da steht ein anderes Wort. Wort folgt auf Wort – es inspiriert zum Weiterdenken. Wie und wann sich die Buchstaben innerhalb des Holzstückes verwandelt haben, bleibt offen.
Sein allererstes Werk hängt im Garten. SIE ER ES. SIE und ER auf der einen Seite. Auf der anderen Seite steht ES. An diesem Werk erkennt man noch, die einzelnen Kerbungen des Stemmeisens an dem massiven Holz herausgearbeitet.
Bevor er mir eines seiner jüngeren Werke zeigte, fragte er mich: „Welche Worte kann aus den Buchstaben von Regierung zusammengesetzt werden?“. „Das Wort Gier ist im Wort enthalten“, so meine Antwort. Er sagte: „Genug Irre“. „Versteh ich nicht“, war meine Reaktion und wir waren mittendrin in der Diskussion „Erwartungshaltungen an eine Regierung“. Übrigens hat der dieses Wortspiel aus einem Mammutbaum herausgearbeitet. Der Baum hatte einen Durchmesser von 1,5 Metern und musste gefällt werden.
Seine Holzobjekte sollten meist frei stehen, da sie von allen Seiten betrachtet werden können. Sogar zwischen den Buchstaben kann geschaut werden. Manchmal braucht es kurz, bis der Humor, die Doppeldeutigkeit erkannt wird. „Doch da reagieren die Betrachter auch ganz unterschiedlich“, weiß Hülsmann. Seine dreidimensionalen Wortspiele sind frech, auch widersprüchlich. Hilfreich ist sich von der vordergründigen Wortbedeutung zu lösen.
Eine Unikat aus Redwood, dessen Wortspiel zeitlos ist, steht im Standesamt in Burgrieden.
Die leicht gedrehte vierseitige Holzstele trägt vier Wörter: „Verstehen, Vertrauen, Verzeihen, Verzichten“. Titel des Objektes: Vier Tipps für eine Glückliche Ehe.
Am meisten wird nach dem „lodernden Feuer“ gefragt, so Hülsmann. Er hat es in verschiedenen Varianten erschaffen. Jedes ein Unikat. Für Hülsmann ist dies kunsthandwerkliche Arbeit. Beliebt sind auch seine massiven rustikalen Sessel. Sie sind aus Eiche oder aus dem Holz der Thuja gesägt.
Die Wortspiele in Holz ordnet er der Kunst zu, da sie einmalig sind. Er weiß um die Diskussionen. Den Spruch: „Ist dat Kunst oder kann dat weg“ hat er auf einer runden Holzscheibe fixiert hat. Auch darüber lässt sich diskutieren, da hier verschiedene Assoziationen auftauchen. Hülsmann bleibt pragmatisch: „Mein wertvollstes Kaminholz ist eine Skulptur, die ich verschnitten habe“. „Das passierte anfangs mit der Motorsäge. Mittlerweile kann ich millimetergenau sägen“, fügt er lächelnd hinzu. Genau sein, gegensätzliches Ansprechen, Diskutieren und Vereinen sind kein Paradox.
Kontakt zu Pit Hülsmann, Orsenhausen über Telefon 073 53 916 98
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