Ich hab ihn nun. Den umgangssprachlich genannten Kutscherführerschein. Offiziell nennt sich das Fahrabzeichen FA5. Es ist die erste Stufe im Ausbildungsplan mit praktischer Prüfung um mit einem Pferdegespann zu fahren. Voraussetzung für das FA5 Prüfung ist der Basispass für Pferdekunde. Folglich wurde diese Prüfung auch absolviert.
Warum macht man diese Fahrprüfung?
Bisher war es nicht zwingend einen Führerschein zu haben, um ein Pferdegespann lenken zu können. Allerdings falls etwas passiert, es zu einem Unfall kommt, frägt die Versicherung immer öfter nach den Fahrkompetenzen. Somit wird mittlerweile empfohlen das Fahrabzeichen zu machen.
Was sind die Lerninhalte?
Im Basispass wird geprüft wie mit einem Pferd umgegangen wird. Wie erkenne ich die Signale, die ein Pferd mir sendet. Angelegte Ohren beim Pferd ist ein Warnzeichen, es bedeutet für mich wachsam zu sein. Die Pferdepflege, die Pferdegesundheit, dessen Stall und die Bewegung sind Themen, die ausführlich in der Theorie und auch praktisch besprochen und geprüft wurden. Bedeutung hat auch die Unfallverhütung und das Tierschutzgesetz.
Die Inhalte vom Basispass sind Grundlage für das Fahrabzeichen und werden abgefragt. Dazu kommt beim Fahrabzeichen das sachgemäße Aufschirren, Anspannen und danach wieder Ausspannen und Abschirren eines Ein- und/oder Zweispänners. Ein Schwerpunkt ist die Arbeit mit den Leinen (Zügel im Reitsport genannt). Denn diese sind sozusagen das Lenkrad und die Verbindung zum Pferd. Das korrekte Halten und Abmessen der Leinen, die Leinenverschnallung, die die Kutsche mit dem Pferd verbindet ist Schwerpunkt. Auch die Peitsche gehört dazu und sollte ruhig in der Hand liegen. Sie dient als verlängerter Arm, um das Pferd zusammen mit der Stimme anzu sprechen. Beim Reiten kann mit Schenkeldruck auf die Bewegung reagiert werden. Auf dem Fahrersitz fehlt diese Hilfe, daher ist der verlängerte Arm wichtig, diese lange Gerte notwendig.
Wie es mir so erging …
Ich bin schon oft und viel auf einer Kutsche mitgefahren, doch die Leinen hatte ich nicht in der Hand. Auch beim Vorbereiten der Kutschfahrt stand ich bei den Pferden, doch um das Equipment habe ich mir keinen Kopf gemacht. Das Ledergeschirr, das dem Pferd ermöglicht an eine Kutsche angespannt zu werden besteht aus vielen kleinen Einzelteilen. Es sind viele neue Wörter, neue Vokabeln, neue Handgriffe zu lernen. Was ist eine Oberblattstrippe? Was ist ein Oberblattstößel? oder was ist ein Leinenführungsring? Auch die angenähte Schweifmetze gehört zum Brustblattgeschirr. Das Skelett der Pferdes wurde mit weit über 50 Wörter benannt – vom Strahlbein bis zum Hinterhauptsbein. Und hin und wieder nannte ich die Stränge Strippe. Die Eselsbrücke meiner Kutschlehrerin Anita half mir, dass ich die Begriffe nicht mehr verwechselte. 😃 Kurzum – faszinierende Wörter, die ich bisher nicht kannte und im Sprachgebrauch hatte.
Die Peitsche konnte ich anfangs nicht halten. Zu wenig Kraft im Handgelenk. Jede Fahrstunde hielt ich sie etwas länger in der Hand. Ziel ist dieses lange Teil ruhig zu halten. Das ist gar nicht so einfach. Fingerfertigkeit ist nötig um die Leinen zu halten. Verschiedene Griffe (Verkürzen, Verlängern der Leinen) müssen in der jeweiligen Situation angewandt werden. Da heißt es: Üben, üben, üben. Unter Prüfungsstreß war ich übrigens kurz im konsequenten Rechts-Links-Verdrehen. Ich gestehe, diese Art von Lernen hab ich schon lange nicht mehr praktiziert. Handgriffe lernen und weniger digitale Inhalte lesen und sich merken. Daher es ist ein faszinierender Lernzustand, wenn die Griffe, Handbewegungen sozusagen ohne Nachdenken, automatisiert geschehen.
Gelernt und gefahren bin ich mit dem Haflingergespann Dino und Barnie der Fahrgespann-Ausbilder Alwin und Anita Kunz aus Tannheim im Illertal. Er hat den Theorieunterricht kompakt gehalten und mit Ruhe, Humor und Gelassenheit immer wieder die Themen wiederholt. Meine Fahrstunden hatte ich bei seiner Ehefrau Anita, die mit ihrer Ruhe, Beharrlichkeit geduldig und sehr gut erklärend meine Lernfortschritte förderte. Der Fahrlehrgang ist laut Lehrbuch angelegt zwischen 80 und 120 Unterrichtseinheiten. Tatsächlich waren es unter 80 Unterrichtseinheiten. Ohne Fahrkenntnisse bin ich in den sieben Wochen bis zu dreimal wöchentlich am Vormittg Kutsche gefahren. Waren anfangs die Sträucher und Bäume noch etwas kahl, konnte fast täglich zugeschaut werden wie die Vegetation frühlingshaft sich entfaltet. Von daher es macht sehr viel Spaß mit zwei Pferdestärken unterwegs in der Natur zu sein und sich auch auf die Pferde einzulassen, was diese so alles am Wegesrand sehen. Anstrengender sind die Fahrten auf der Landstraße bei hohem Verkehrsaufkommen mit den teilweisen aggressiven Autofahrer und Autofahrerinnen.
Mitmacher:
Unser Fahrkurs bestand aus sechs Personen im Alter von 14 bis 74 Jahren. Alle haben das Fahrabzeichen bestanden. Zur Prüfung der Basispferdekunde kam noch die 9jährige Pia hinzu. Yeah. Natürlich haben wir anschließend gemeinsam gefeiert. 😀
Auf dem Foto sind die sieben Prüflinge, die zwei Prüfer, unsere beiden Fahrlehrer Anita und Alwin und natürlich die Haflinger Barnie und Dino.